Angeregt durch eine schöne Diskussion bei Roland dachte ich mir, ich müsste doch mal die grundsätzlich unterschiedlichen Herangehensweisen an "Kritik" im deutschen und im angelsächsischen Kulturraum beleuchten.

"[...]gerade im deutschen “Kulturraum” wird hinter dem Wort “Kritik” tatsächlich eher die “Benennung von Mängeln” verstanden. Das bewerte ich nicht, das ist einfach eine Feststellung. Wenn ich im deutschen Sprachraum um Kritik bitte kann ich zu 99,9%er Sicherheit davon ausgehen, dass mein Gegenüber ein ernstes Gesicht macht, mit der Stirne runzelt, “Hmmmm…” sagt, und nach scharfem Blick und kurzer Überlegung tatsächlich beginnt, eine Mängelliste aufzuzählen. Und zwar egal, wie gut das zu kritisierende Objekt neben diesen Mängeln ist. Und ich kann mir auch ziemlich sicher sein, dass das mein Gegenüber auch wirklich etwas findet, denn die Aufforderung war ja die, zu kritisieren, und da sucht man eben auch wirklich so lange, bis man etwas gefunden hat.

In anderen Kulturräumen ist das anders, ich kenne zum Beispiel den angelsächsichen recht gut. Dort ist die Chance sehr hoch, dass unter der Aufforderung zu “Criticism” zunächst einmal sogenannter “supportive criticism”, also “unterstützende/aufbauende Kritik” verstanden wird. Und selbst, wenn sich ein angelsächsischer Gegenüber bemüßigt fühlt, direkt nach der Frage “Und? Was meinst du dazu?” auch einen Mangel zu benennen, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst eine Aufzählung dessen, was ihm gefällt und was er “großartig” findet vorwegschicken, bevor er einen Mangel benennt, den er aber selbst tendenziell nochmal dadurch relativiert, indem er ihn in ein “overall positive” Feedback verpackt. [...]"


Ich erläutere dort dann auch ausführlich, warum ich mich im Zweifel für die angelsächsiche Herangehensweise entscheide. Und bin schon sehr gespannt, wie ihr das seht....