Heute (15. Mai) trifft das geistige Oberhaupt der Tibeter in Deutschland ein. Am Montag spricht der Dalai Lama auf dem Pariser Platz in Berlin. Aber warum hat ihn Klaus Wowereit nicht eingeladen?

Er ist die Ruhe selbst, will nichts als den Frieden. Und doch sorgt der Deutschland-Besuch des Dalai Lama, der heute in Frankfurt beginnt, für erhitzte Gemüter.
Nach der Weigerung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), das geistige Oberhaupt der Tibeter zu treffen, ist jetzt Klaus Wowereit (SPD) in die Kritik geraten: Tibet-Freunde wundern sich, dass beim Berlin-Besuch des Friedensnobelpreisträgers am Montag kein Treffen mit dem Regierenden auf dem Programm steht.

Wenigstens hat gestern in letzter Minute Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) eine Begegnung angekündigt. Sie ist das einzige Regierungsmitglied, das den Dalai Lama bei seinem 34. Deutschlandbesuch treffen wird. China hat bereits heftig protestiert.

Wowi warte darauf, dass sich der Dalai Lama selbst einlade, kritisierte Martin Lindner, FDP-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus. Er forderte den Regierenden auf, selbst die Initiative zu ergreifen. Alles andere sei „unhöflich und peinlich“.

„Kein Staatsgast“

Nach Auskunft aus der Senatskanzlei wird der Tibeter auf eine Einladung vergebens warten: „Nach Absprache mit dem Auswärtigen Amt wäre es nicht angemessen, wenn Herr Wowereit den Dalai Lama einladen würde“, so Vize-Senatssprecher Günter Kolodziej zur B.Z.. „Wenn es eine Anfrage geben sollte, werden wir prüfen, ob ein Treffen möglich ist und dafür sicherlich auch einen Termin finden.“ Andreas Peschke, Sprecher des Auswärtigen Amtes, gibt zu bedenken, dass der Dalai Lama nicht als Staatsgast, sondern auf Einladung (und Kosten) der „Tibet Initiative Deutschland“ in die Bundesrepublik reist.

Will Wowi die Partnerstadt Peking nicht provozieren?

Deren Sprecher Boris Eichler zeigt sich von Wowereits Haltung enttäuscht. „Es sollte selbstverständlich sein, dass ihn der Bürgermeister empfängt“, so der Tibet-Aktivist. In anderen deutschen Städten gebe es keine derartigen Debatten. Auch die CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch (Hessen) und Jürgen Rüttgers (NRW) werden den Dalai Lama treffen.

Also warum nicht Wowi? Ist es „Rücksicht“ auf Berlins Partnerstadt Peking, die er zu den Olympischen Spielen besuchen will? Fürchtet er chinesischen Unmut, wie er nach dem Empfang des Dalai Lama durch die Kanzlerin 2007 die bilateralen Beziehungen vergiftete? Inzwischen aber verhandelt die chinesische Regierung selbst mit Repräsentanten des Dalai-Lama.

Jedermann ist eingeladen

Dalai-Freund Roland Koch warnt indessen vor falscher Rücksichtnahme auf die Machthaber in Peking: „Wenn deutsche Politiker den Eindruck erwecken, man müsse sich mit den Thema Tibet nicht so sehr beschäftigen, dann ist das ein fatales Signal“, so Koch zur B.Z..

Aber noch steht es Wowi ja offen, zur Kundgebung mit dem Dalai Lama am Montag um 16 Uhr vorbeizuschauen, zu der jedermann eingeladen ist.

China ist empört

Knatsch um

Dalai-Lama-Besuch

China kritisiert den geplanten Empfang des Dalai Lamas durch deutsche Bundestagsabgeordnete und warnt vor einer Belastung der deutsch-chinesischen Beziehungen.

Die chinesische Regierung hat versucht, ein Treffen des Dalai Lamas mit deutschen Abgeordneten am Montag im Bundestag zu verhindern. Der Initiator der Begegnung, der Vorsitzende des Auswärigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), berichtete, dass die Botschaft deswegen angerufen hat. Er versicherte aber zugleich, dass das Treffen mit etwa 20 Abgeordneten trotzdem stattfinden wird. Die Regierung teilte mit, dass mit Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul doch noch ein Regierungsmitglied das religiöse Oberhaupt der Tibeter empfängt.

Polenz sagte der "Münsterschen Zeitung": "Wir werden selbstverständlich nicht von dem Treffen mit dem Dalai Lama Abstand nehmen". Nach seiner Schilderung hat ein Mitarbeiter der Botschaft am Mittwoch im Sekretariat des Ausschusses angerufen und Bedenken der chinesischen Führung gegen Treffen in offiziellen Räumen geäußert. Polenz sagte, er habe zuvor die Botschaft schriftlich über das Treffen informiert. Zu dem seit längerem geplanten, nicht öffentlichen Treffen sind die Ausschussmitglieder, die außenpolitischen Sprecher der Fraktionen, der Vostand der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe sowie der Vorstand des Tibet-Arbeitskreises des Bundestages eingeladen.

Der Dalai Lama beginnt seinen Deutschlandbesuch am (morgigen) Donnerstag. Erster Gesprächspartner wird in Frankfurt ein langjähriger Freund sein, der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Mit der Ankündigung eines Treffens der Bundesministerin mit dem Dalai Lama trat Steg dem Eindruck entgegen, kein Regierungsmitglied werde das Oberhaupt der Tibeter empfangen. Wieczorek-Zeul habe bereits vergangene Woche die Absicht zu einem Treffen gehabt. Mit der Bekanntgabe sei man aber zurückhaltend umgegangen, bevor ein Termin habe vereinbart werden können, sagte Steg.

Kritik aus der SPD an Wieczorek-Zeul

Die Begegnung mit der SPD-Politikerin wird dem Ministerium zufolge voraussichtlich aber nicht im Entwicklungsministerium stattfinden. Möglicherweise will die Bundesregierung damit einen offiziellen Charakter des Treffens vermeiden und erneutem Unmut der chinesischen Regierung vorbeugen. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert wird den Religionsführer nicht in seinem Amtssitz in Berlin, sondern in seinem Heimatort Bochum treffen.

In der SPD wurde massive Kritik an dem Treffen von Wieczorek-Zeul mit dem Dalai Lama laut. "Frau Wieczorek-Zeul trifft sich privat mit dem Dalai Lama, nicht als Ministerin", sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Walter Kolbow, dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Wenn ich die Ministerin wäre, würde ich mich nicht mit dem Dalai Lama treffen. Wir haben eine China-Politik des Außenministers, die sich an langen Linien orientiert und die Stabilität Chinas im Auge hat."

Treffen mit Grünen-Spitze

Während seiner Vortragsreise durch Deutschland wird der 72-jährige Friedensnobelpreisträger am 19. Mai in Berlin an einer Tibet-Kundgebung vor dem Brandenburger Tor teilnehmen. Die Grünen wollen den Gast in großer Runde treffen. An der Begegnung am Montag nehmen die Fraktionsvorsitzende Renate Künast und Fritz Kuhn, ihr Stellvertreter Jürgen Trittin, Parteichefin Claudia Roth sowie die Abgeordneten Kerstin Müller und Volker Beck den Dalai Lama teil, teilte die Grünen-Fraktion mit.

Schließlich wollen auch FDP-Abgeordnete ein eigenes Treffen mit dem tibetischen Gast arrangieren. Ein Termin steht allerdings noch nicht fest.